21. Februar 2014
Von der Levetzow- zur Quitzowstraße
Im vergangenen Herbst haben wir von der Initiative „Sie waren Nachbarn“ Aktionstage in Moabit als Beginn der Kampagne „Ihr letzter Weg“ durchgeführt. Mit Unterstützung vieler Künstlerinnen und Künstler fanden eine Ausstellung, viele Lesungen und andere Kultur- und Informationsveranstaltungen statt. Sie wurden von Straßen- und Plakataktionen sowie der Verteilung von eigenen Publikationen begleitet. Im Zentrum der Kampagne stand der Weg von der als Sammellager missbrauchten Synagoge in der Levetzowstraße zum Güterbahnhof Moabit an der Quitzowstraße.
Dorthin wurden ca. 30.000 Menschen von verschiedenen Sammelstellen in Berlin zur Deportation mit Lastwagen gebracht oder unter den Augen der Bevölkerung durch die Straßen getrieben.
Die Synagoge in der Levetzowstraße wurde von Oktober 1941 bis Oktober 1942 und dann noch einmal während der sogenannten Fabrikaktion im März/April 1943 als Sammellager genutzt. Zu Beginn wurden die Deportierten zum Bahnhof Grunewald gebracht; ab Mitte August 1942 zu den Gleisen an der Quitzowstraße. Aus der Liste der Deportationszüge aus Berlin wird ersichtlich, dass dies ca. 6.000 Jüdinnen und Juden betraf.
Diese Einzelheiten waren uns während der Aktionstage im Oktober/November 2013 noch nicht bewusst. Durch die von Philipp Dinkelaker 2013 vorgelegte Magisterarbeit „Das Sammellager in der Berliner Synagoge Levetzowstraße im Rahmen der ‚Judendeportationen'“ sind die Umstände der Inhaftierung, die Motivationen und das Verhalten des Wachpersonals, die Rolle der unfreiwilligen jüdischen Helfer und der zuschauenden Bevölkerung genau dokumentiert.
Die Initiative „Sie waren Nachbarn“ wird die Kampagne „Ihr letzter Weg“ in diesem Jahr weiterführen, mit dem Ziel, den Weg zwischen Levetzow- und Quitzowstraße zu kennzeichnen – exemplarisch für die verschiedenen Wege, die die Deportierten durch ihre Heimatstadt gehen mussten und an deren Ende für fast alle ihr Tod stand.
Info-Veranstaltung mit Philipp Dinkelaker
Am 20. Februar 2014 fand in der Dorotheenstädtischen Buchhandlung eine Informationsveranstaltung mit Philipp Dinkelaker statt. Er hat im vergangenen Jahr seine Magisterarbeit „Das Sammellager in der Berliner Synagoge Levetzowstraße im Rahmen der ‚Judendeportationen'“ veröffentlicht und berichtete nun über die Ergebnisse seiner Recherchen. Besonders interessant waren die Erklärungen, wie die Organisation im Sammellager aufgebaut war, wie die Deportationen praktisch abliefen und wie das Lager und die Märsche zu den Bahnhöfen von der Bevölkerung wahrgenommen wurden. Am Ende der etwa 1 1/2 Stunden dauernden Veranstaltung beantwortete Dinkelaker noch Fragen aus dem Publikum.