Der Titel “Gerechte unter den Völkern” ist ein von Yad Vashem in Israel eingeführter Ehrentitel für nichtjüdische Einzelpersonen, die unter nationalsozialistischer Herrschaft ihr Leben einsetzten, um Juden vor der Ermordung zu retten. Nur 651 Deutsche sind darunter, im Gegensatz zu z.B. über 7.000 Polen.
Eine der deutschen Geehrten ist Susanne Witte. Die gläubige Katholikin wurde 1905 geboren und war in Moabit aufgewachsen. Hier war sie sehr aktiv im Kloster St. Paulus in der Waldenserstraße, wo sie als Seelsorgehelferin in der Gemeinde angestellt war. 1937 musste Susanne Witte aufgrund eines NS-Gesetzes entlassen werden, das jegliche katholische Jugendsozialarbeit verbot. Aber sie blieb auf ehrenamtlicher Basis weiter aktiv.
Seit ihrer Kindheit war Witte mit der Jüdin Ruth Casper befreundet, die 1926 zum Katholizismus konvertierte. In den Augen der Nazis galt sie jedoch weiterhin als jüdisch und so ist sie 1942 nach Auschwitz deportiert worden.
Kurz zuvor bat sie ihre alte Freundin Susanne Witte, sich um ihre 63-jährige Mutter Regina Kirschbaum zu kümmern. Frau Kirschbaum gehörte zu einem vorgesehenen Transport von KünstlerInnen, die in ein Konzentrationslager deportiert werden sollten. Im Sammellager konnte sie sich jedoch im Keller verstecken und ging danach zu Frau Witte in die Putlitzstraße 17. Die beiden Frauen lebten dann bis 1945 gemeinsam in Wittes Wohnung, was vor allem durch die Unterstützung einiger Freunde aus der Pfarrgemeinde und eines Priesters möglich war. Diese halfen mit Lebensmitteln oder Lebensmittelkarten und brachten Kirschbaum auch kurzfristig in anderen Verstecken unter, wenn Wittes Wohnung vorübergehend unsicher erschien.
Regina Kirschbaum zog nach dem Ende des Faschismus nach London, wo sie kurz darauf starb. Susanne Witte wurde im März 1999 als Gerechte unter den Völkern geehrt und starb sechs Jahre später im Alter von 99 Jahren.
Foto: Yad Vashem